Ein Neustart für Lars – unsere spontane Hilfsaktion in Thüringen

Ein Neustart für Lars – unsere spontane Hilfsaktion in Thüringen

Manchmal entstehen die besten Projekte aus einer spontanen Idee. So war es auch diesmal. Karin, die ich schon seit meiner Ausbildung zur Alltagsbegleiterin kenne, postete auf Facebook einen Spendenaufruf. Beim Telefonat erfuhr ich, dass es um ihren Sohn Lars ging.

Lars hatte nach einer schweren Erkrankung und Reha zum ersten Mal wieder seine Wohnung betreten – und erkannte zum ersten Mal, unter welchen Umständen er dort jahrelang mit seiner Katze Eddy hauste: auf einem alten, abgenutzten Sofa, die Wohnung stark verschmutzt, vieles kaputt. Er hatte sich selbst in diese Situation gebracht, und genau das machte es für Karin so schwierig. Niemand in seiner Umgebung wollte helfen – viele sagten einfach, er sei selbst schuld. Aber eine Mutter hilft natürlich immer ihrem Sohn, egal was passiert. Ich kann das total nachvollziehen.

Karin hatte zuvor eine Spendenaktion gestartet, um eine Reinigungs- und Entrümpelungsfirma zu beauftragen. Während unseres Telefonats kam mir jedoch eine ganz andere Idee: Wir könnten einfach unsere Arbeitskraft kostenlos zur Verfügung stellen – gemeinsam mit freiwilligen Helfern aus dem Kreis Kusel. So könnten wir vor Ort anpacken, anstatt alles in fremde Hände zu geben. Die Spendenaktion von Karin lief trotzdem weiter, um die wichtigsten Anschaffungen wie Möbel, Bodenbeläge, Material sowie Unterkunft und Verpflegung zu finanzieren.

Karin wohnt hier im Kreis Kusel, ihr Sohn Lars jedoch in Thüringen. An einem Sonntagmorgen ging die Fahrt nach Thüringen los: Karin sammelte alle Helfer ein – mich, Youcef aus Kusel, Chamseddine aus Börsborn und Amir aus Ehweiler – und wir starteten gemeinsam ins Abenteuer. Keiner wusste genau, wie die Wohnung wirklich aussah.

Als wir ankamen, merkte ich schnell etwas, das mich traurig stimmte: die Kälte mancher Menschen vor Ort. Viele sahen es nicht ein, Lars zu helfen – für sie war er einfach selbst schuld an seiner Situation. Manche behandelten ihn sogar, als wäre er es nicht wert, unterstützt zu werden, wie ein Mensch zweiter Klasse.

Vor Ort empfing uns Lars trotzdem mit einem Lächeln. Er hatte schon einiges ausgeräumt und konnte kaum glauben, dass fremde Menschen einfach so helfen wollen.

Fünf Tage harte Arbeit – und viele schöne Momente


Am ersten Tag räumten wir die komplette Wohnung leer, brachten alte Möbel zum Sperrmüll und lagerten die neuen Möbel zwischen. Ich machte mich an das Badezimmer – jedes Rohr, jede Fliese, jede Steckdose musste gereinigt werden. Jahrelanger Schmutz, Schimmel, verstopfte Ecken – am Ende glänzte alles wieder.

Tag zwei: Böden verlegen, Tapeten abreißen, neu tapezieren, streichen. Am dritten Tag dann ein Rückschlag – ein Wasserrohrbruch im Haus (zum Glück nicht in Lars’ Wohnung). Natürlich halfen wir auch dort mit, was Zeit kostete. Trotzdem hielten wir unseren Plan ein.

Wir arbeiteten von frühmorgens bis spätabends, aber wir hatten auch viele schöne Momente. Gemeinsame Mahlzeiten, gegenseitige Unterstützung und das Gefühl, als Team zu funktionieren, haben uns durch die anstrengenden Tage getragen. Wir frühstückten zusammen, kochten gemeinsam und sparten so Geld für wichtige Anschaffungen. Karin hatte eine günstige Unterkunft gefunden, sodass wir einen Schlafplatz hatten.

Schließlich bauten wir die Möbel auf, richteten alles wohnlich ein und feierten sogar Lars’ Geburtstag. Seine Freude war unbeschreiblich. Auch zwischen Lars und den Helfern sind echte Freundschaften entstanden. Er fühlte sich zum ersten Mal wertgeschätzt – das hat man gemerkt. Er betonte es auch hundertmal, dass er es nicht glauben kann, dass fremde Menschen ihm einfach so helfen, ohne Bezahlung.

Ganz besonders danken möchte ich Youcef aus Kusel, Chamseddine aus Börsborn und Amir aus Ehweiler. Was die Jungs in diesen Tagen geleistet haben, ist unbeschreiblich. Und wie sie Lars aufgebaut und motiviert haben – einfach toll. Das hat mich manchmal sprachlos gemacht.

Karins Worte bleiben mir im Gedächtnis: „Ich habe meinen Sohn noch nie so glücklich gesehen.“ Jetzt schickt uns Lars alle paar Tage Bilder, bedankt sich tausendmal und kann es immer noch nicht verstehen, wie fremde Leute einfach so geholfen haben, seine Wohnung zu renovieren.

Privat waren diese fünf Tage auch für mich eine Herausforderung. Wir waren mitten in den Ferien, und meine Kinder mussten ein paar Tage auf mich verzichten. Ich danke meinem Arbeitgeber, dem CJD/ Mehrgenerationenhaus Kusel, dass ich so spontan Urlaub bekommen habe. Vielen Dank dafür!

Natürlich wissen wir nicht, ob alles so bleibt und ob alles gut geht – aber das Lächeln von Lars hat sich gelohnt. Wir hoffen das Beste. Lars hat selbst weiterführende Hilfe in die Wege geleitet, und wir hoffen sehr, dass er diesen Weg beibehält.

Es waren fünf körperlich fordernde Tage – mit Schweiß, Muskelkater, viel Arbeit, aber auch herzlichen Begegnungen und Zusammenhalt. Am Ende bleibt das gute Gefühl, gemeinsam einem Menschen einen echten Neustart ermöglicht zu haben. ❤

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